Märchenstunde im Historischen Museum Dietzenbach
Fast 800 Kinder hören Geschichten in der Vorweihnachtszeit
Die „Gut Stubb“ im Historischen Museum in der Darmstädter Straße war in den letzten vorweihnachtlichen Wochen rege und gut besucht: Insgesamt lauschten rund 800 Schul- und Kita-Kinder den beliebten „Märchenstunden“, alljährlich organisiert von Museumsleiterin Maria Polatowski-Ruprycht.
„In diesem Jahr konnten wir bei der Veranstaltungsreihe, die sich an bis zu drei Terminen täglich über drei Wochen in der Vorweihnachtszeit erstreckt, insgesamt 37 Gruppen jeweils mit über 20 Kindern bei uns im Museum begrüßen“, berichtet sie. „In der weihnachtlich geschmückten Gut Stubb – mit Gabentisch, Tannenbaum, Lebkuchen, Äpfeln und Nüssen – wurde auf die schönste Jahreszeit eingestimmt. Beim Zuhören von allerlei Geschichten, Märchen und Sagen und mit etwas Fantasie sind die Kinder in die Weihnachtszeit der Groß- oder auch Urgroßeltern zurückversetzt worden. Das Interesse an unseren weihnachtlichen Märchenstunden ist wie immer groß und die Termine waren im Vorfeld schon rasch ausgebucht“, ergänzt Polatowski-Ruprycht zu dem museumspädagogischen Angebot, das vor sage und schreibe 30 Jahren zusammen mit dem Arbeitskreis „Schule und Museum“ Premiere gefeiert hatte. Damals „nur“ mit zehn Klassen und noch schriftlich geführten Organisationslisten.
Prinzessinnen, Rumpelstilzchen & Co. in heimeliger Wohnzimmer-Atmosphäre
Aufgeregte Stimmen morgens im Museum, Gelächter und große Augen: Nach dem Versammeln am Eingang und der Begrüßung mit kurzen Erläuterungen von Maria Polatowski-Ruprycht zu dem Weg in die „Gut Stubb“ des Museums – gekennzeichnet durch Sterne und weitere weihnachtliche Symbole auf dem Boden – geht es einmal quer durch verschiedene Museumsbereiche bis zum früheren Wohnzimmer des denkmalgeschützten Fachwerkhauses von 1765. In der historischen Kulisse lassen sich die Kinder nah beisammen auf gemütlichen Kissen nieder, um einer der insgesamt zehn ehrenamtlichen Märchenerzählerinnen im Sessel zu lauschen. An diesem Tag ist die ehemalige Lehrerin Margit Hagen im Einsatz. Sie startet mit ihren Begrüßungsworten und ein paar Fragen an die Kinder: „Wer von euch kennt Märchen? Welches mögt ihr am liebsten und warum? Und wie beginnt eigentlich nahezu jedes Märchen?“ Nach der richtigen Antwort „Es war einmal…“ beginnt sie, ihre Geschichten vorzustellen und nutzt dazu Requisiten, um die Kleinen raten zu lassen, worum es gleich geht – etwa eine kleine grüne Erbse oder ein neben ihr stehendes Spinnrad samt Spindel und Goldfaden. Während ihrer anschließenden, altersgerechten und kurzweiligen Lesung von „Die Prinzessin auf der Erbse“ und „Rumpelstilzchen“ lauschen die Mädchen und Jungen ruhig, konzentriert und gespannt, und mehr noch: Sie fiebern mit, ob alles am Ende gut ausgeht – das zeigen die oftmals großen Augen sowie staunend geöffneten Münder. „Und natürlich geht es immer gut aus“, so Erzählerin Hagen, die auch den kreativen Kids Club des Museums für Acht- bis Zwölfjährige leitet. „Märchen sind ein Garant dafür, dass am Ende alles friedlich ist. Damit vermitteln sie Ruhe in turbulenten Zeiten wie heute, von denen nicht nur die Erwachsenen, sondern auch die Kinder betroffen sind.“ Nach einer guten halben Stunde werden die Schulklassen oder Kita-Gruppen dann wieder aus dem Museum „entlassen“ und nehmen das Erlebte und die Geschichten mit nach Hause – „Es hat uns allen richtig gut gefallen!“, so die einstimmige Meinung.
„Dieses alljährliche Event in der Vorweihnachtszeit ist wahrlich eine konkurrenzlose Veranstaltung in Dietzenbach, die für den regionalen Umkreis Maßstäbe setzt“, so Erster Stadtrat und Kulturdezernent René Bacher. „Wir danken sowohl Frau Polatowski-Ruprycht für die gesamte Organisation als auch dem Heimat- und Geschichtsverein Dietzenbach für das Erhalten der wichtigen Erinnerungen aus der Vergangenheit und ihnen gemeinsam für die wertvolle pädagogische Arbeit."
Museumspädagogische Arbeit: Geschichte macht Spaß
Bereits seit 30 Jahren finden die „Vorweihnachtlichen Märchenstunden“ im Historischen Museum statt. Eine Aktion, die bis heute beliebt und etabliert ist. „Das alte Fachwerkhaus mit seiner Gut Stubb wird von Kindern geliebt, sie fühlen sich hier richtig wohl und können gleichzeitig hautnah erleben, wie die Menschen früher gelebt haben – einen besseren Ort gibt es wohl kaum für schöne Märchenstunden“, berichtet die städtische Mitarbeiterin. „Darüber hinaus ist und bleibt es unser Auftrag, hier in den Museumsräumen das vielfältige Wissen über die Vergangenheit zu bewahren und es immer an jüngere Generationen weiterzugeben. Viele Schulklassen und Kita-Gruppen kommen dafür unterjährig zu uns, sie stellen Fragen und wir fördern sie mit Interaktion und dem gemeinsamen Lernen – etwa im Arbeitskreis Schule und Museum oder im Kids Club, in dem Geschichte mit Handwerklichem und Bastelarbeiten spielerisch verknüpft wird. Die Kinder prägen sich durchs Mitmachen und Selbsterleben vieles ein und erinnern dies. So können wir am Ende stolz sagen, dass wir etwas Gutes, Nachhaltiges getan und unseren Beitrag zur Erhaltung der Geschichte geleistet haben“, erläutert sie.
Gemeinsam mit dem Historischen Museum Dietzenbach hat sich Polatowski-Ruprycht dazu verpflichtet, Geschichte zu bewahren und zu vermitteln. Und sie verrät ihr Credo bei all ihren Ideen und Aktionen: „Geschichte soll Spaß machen! Dann bleibt sie im Gedächtnis und in positiver Erinnerung, die weitergegeben werden kann.“ Und dass ihr selbst die Geschichte und das Bewahren früherer Zeiten sehr am Herzen liegt, bemerkt man spätestens an ihrem eigenen Strahlen und am bedingungslosen Engagement und Einsatz für ihren Arbeitsort.
Ort der Begegnung und Wissensvermittlung
Im Jahr 1975 gründete der Heimat- und Geschichtsverein e.V. in einem 1765 erbauten Fachwerkhaus das Dietzenbacher Museum an der Darmstädter Straße. Seitdem befindet es sich im Zustand der ständigen Veränderung und des Wachsens: Heute besteht das Museum aus fünf verschiedenen, jedoch miteinander verbundenen Gebäuden. Es bietet einen übersichtlichen und informativen Rundgang durch die Jahrtausende alte Ortsgeschichte. Die modern aufgebaute Dauerausstellung mit begehbaren Bereichen, aussagekräftigen Objekten, Dokumenten sowie Vermittlungshilfen wie eine Vielzahl von interaktiven Stationen, ein "Museumskino", Text- und Bildtafeln und Modelle helfen, die historischen Zusammenhänge besser zu verstehen. Der Museumsrundgang wird zu einer Zeitreise, zu einer Begegnung mit der Vergangenheit: Von der Steinzeit über das Metallzeitalter und die Römerzeit, über das Mittelalter bis hin zum 19. und 20. Jahrhundert. Die Letzteren dokumentieren die Eigenheiten der handwerklichen Produktion, thematisieren die Berufs- und Erwerbsstruktur im ehemaligen Dorf und geben einen Einblick in die Wohn- und Lebensverhältnisse der damaligen Landbevölkerung sowie in die beiden letzten Weltkriege. Die vielfältigen Angebote für Kindertagesstätten und Schulen tragen dazu bei, das Historische Museum Dietzenbach als außerschulischen Lern- und Erlebnisort zu nutzen.