Jahresrückblick von Bürgermeister Jürgen Rogg
"Das Jahr 2020 hat vieles auf den Kopf gestellt"
Liebe Dietzenbacherinnen und liebe Dietzenbacher,
das Jahr 2020 hat vieles auf den Kopf gestellt. Daher werde auch ich diesen Jahresrückblick auf den Kopf stellen und mit dem Ausblick beginnen.
Im kommenden Jahr wird es einige Ereignisse geben, auf die wir uns schon heute freuen können. Starten wir bei den Kleinsten in unserer Stadt. Im Frühjahr können die Kinder und Erzieher*innen in den modernen Ersatzneubau der Kita 2 einziehen. Dann gibt es dort in Sachen Spielen und Entdecken kein Halten mehr. Freie Fahrt gibt es auch auf der grundhaft sanierten Assar-Gabrielsson-Straße sowie der Justus-von-Liebig-Straße. Ein neuer Kreisverkehr an der Paul-Brass-Straße wird den Verkehrsfluss begünstigen.
"Wirtschaftsstandort zukunftsfähig aufgestellt"
Das wird auch dringend notwendig sein, wenn man die Neuansiedlungen und Expansionen von Unternehmen dort und an anderen Orten der Stadt betrachtet. Auch wenn es wirtschaftlich harte Zeiten aktuell sind, so verbreiten Meldungen und Pläne von zum Beispiel Autowelten Brass, Volvo Cars, Google, Globus, der Fahrschule Lendjel und Ahorn Wohnmobile berechtigte Gründe zur Hoffnung, was unseren Wirtschaftsstandort Dietzenbach betrifft.
Wir konnten in den vergangenen zehn Jahren etwa 85 Prozent der Gewerbeflächen erfolgreich vermarkten. Die frühzeitige, innovative Weichenstellung für eine gigabitfähige Glasfaser-Infrastruktur hat die Kreisstadt für viele Unternehmen interessant gemacht. Wirtschaft bedeutet immer einen Wandel, doch dieser bringt auch Chancen für neue Branchen. Hier ist unsere Kreisstadt zukunftsfähig aufgestellt.
"Ökologie in Zukunft mehr Priorität"
Erfreulich ist auch der Ausblick auf den Wohnungsbau. Dringend benötigter Wohnraum entsteht kontinuierlich und dezentral in unserer Stadt. Besonders gespannt bin ich auf das generationenübergreifende Wohnungsbauprojekt der Wörner Stiftung im Baugebiet 70.
Hier zeigen sich der Mut und das Durchhaltevermögen für besondere Konzepte, die auf gesellschaftliche und ökologische Entwicklungen reagieren. Apropos ökologische Entwicklungen: Die Vorbereitungen sind fast abgeschlossen, um bald eine Klimaschutzmanagerin oder einen Klimaschutzmanager im Rathaus einzustellen. Auch in Dietzenbach wird das Thema Ökologie in Zukunft noch mehr Priorität genießen.
Persönlich freue ich mich, die Natur und den Moment der Stille während der Spaziergänge im Wald oder bei einem Besuch im neuen „Garten der Religionen“ – dieser wurde in diesem Jahr im Friedhof eröffnet – zu genießen. Und genießen werde ich auch den Sprung ins kühle Nass.
Denn wenn rechtlich möglich, werden wir Hygienekonzepte umsetzen und die Erfahrungen mit der Pandemie einfließen lassen, um im nächsten Jahr das Schwimmen, Sonnen und Schlemmen in unserem Waldschwimmbad wieder zu ermöglichen. Konkrete Planungen hierfür laufen und ich bin zuversichtlich, dass wir unser schönes Freizeitjuwel im Jahr 2021 eröffnen werden. Derzeit wird der dortige Parkplatz als Corona-Testzentrum genutzt und wird bereits gut frequentiert.
"Superwahljahr 2021"
Eine hohe Wahlbeteiligung werden wir hoffentlich bei den Wahlen am 14. März haben. Um sich und andere zu schützen empfiehlt der Magistrat die Möglichkeit der Briefwahl zu nutzen. Der Wahlbriefkasten am Rathaus wurde entsprechend vergrößert. 2021 wird ein kommunalpolitisches Superwahljahr, in dem die Briefwahl zu Recht Hochkonjunktur haben wird. So stehen die Kommunalwahl, Bürgermeisterwahl, Ausländerbeiratswahl, die Landratswahl sowie die Wahl zur Ersten Stadträtin bzw. zum Ersten Stadtrat auf der Tagesordnung. Bundespolitisch wird im Herbst zudem der Bundestag gewählt.
Hochkonjunktur wünsche ich auch der Veranstaltungs- und Kulturbranche im kommenden Jahr. Gerade im Pandemiejahr 2020 haben wir gemerkt, wie wichtig Orte und Anlässe der Begegnung sind, wie gut es tut, Kultur zu genießen und auch, wie groß diese Branche mit all ihren Vernetzungen ist. Wir werden das Jubiläumsjahr 2021 nicht 1:1 nachholen können, aber sobald es wieder vertretbar ist, werden die Dietzenbacher*innen wieder zusammen feiern, singen, tanzen und sich hoffentlich wieder unbeschwert begegnen. Unser Veranstaltungsteam vom Dietzenbacher Capitol steht bereit, den Menschen in der Region endlich wieder tolle Erlebnisse und Kultur abseits der digitalen Alternativen anbieten zu können.
"Jubiläumsjahr ist größtenteils Corona zum Opfer gefallen"
Kulturell war im Jahr 2020 (erste amtliche Erwähnung vor 800 Jahren und 50 Jahre Stadtrechte) ja so einiges geplant gewesen. An dieser Stelle wird es Zeit für einen kurzen Rückblick, der bitter daherkommt. Denn vor einem Jahr ahnte noch niemand, welche Herausforderungen uns erwarten werden. Im Vergleich zu den Vorjahren wirkt das aktuelle Jahr wie ein schlechter Film, dessen Happy End noch nicht absehbar ist. Das Jahr 2020, unser Jubiläumsjahr, wird zweifelsohne in die Historie eingehen – leider nicht wie erhofft.
Die alles bestimmenden Schlagworte sind und bleiben vorerst Pandemie, Corona-Virus, Covid-19 und Impfung. Dies beherrscht seit März unser aller Leben. Eine globale Katastrophe, die jeden einzelnen von uns unterschiedlich hart trifft. Alle erleben drastische Einschnitte in ihrer persönlichen Freiheit. Viele Menschen leiden unter wirtschaftlichen Existenzsorgen. Ganze Branchen haben ihre Geschäftsfelder nahezu verloren und stehen vor einem Scherbenhaufen. Andere wiederrum arbeiten bis an die Belastungsgrenze. Kranken- und Pflegeeinrichtungen stehen vor dem Kollaps, wenn die Infektionszahlen nicht endlich sinken. Doch der dringend benötigte Sinkflug der Zahlen steht noch aus. Und kurz vor Weihnachten hören wir dann auch noch von einer mutierten Virusform.
"Ein Dankeschön an die, die das System stabil halten"
Meine Gedanken sind bei den Verstorbenen und ihren Angehörigen sowie den Kranken, die unabhängig von einer Covid-Erkrankung, eine schwere Zeit erleben und teils vereinsamt in Einrichtungen kämpfen, da vielerorts ein Besuchsverbot besteht. Mein großer Dank gilt dem medizinischen und pflegerischen Personal, das die schwerste Zeit seit dem zweiten Weltkrieg bewältigen muss. Medizinisch wie ethisch.
Viele Menschen halten die Gesellschaft zusammen und das alltägliche Leben durch ihren Einsatz am Laufen. Erzieher*innen, Verkäufer*innen, Lehrer*innen, Apotheker*innen, Briefträger*innen und Paketbot*innen, Wissenschaftler*innen, Politiker*innen, Journalist*innen, Feuerwehr- und Rettungskräfte, Polizist*innen, die Männer und Frauen von der Müllabfuhr, dem Ordnungsamt und viele weitere, die die wichtige Infrastruktur der Daseinsvorsorge wie die Wasser-, Strom- und Gasversorgung oder die Abwasserentsorgung aufrechterhalten. Ohne den aufopferungsvollen Einsatz wäre es in diesem Jahr noch schwerer gewesen. Sie alle halten das System an vielen Stellen stabil. Ihnen allen gilt ein herzliches Dankeschön!
"Gelegenheit, innere Stärke zu entwickeln"
Das Jahr 2020 wirkt wie ein Brennglas der Gesellschaft. Ich sehe da zwei Entwicklungen, die sich diametral gegenüber stehen. Auf der einen Seite sehe ich eine große Solidarität, Menschlichkeit, Unterstützungsbereitschaft und Verständnis bei dem Menschen. Trotz Abstand halten sie zusammen. Trotz Einschränkungen halten sie sich an die Auflagen. Trotz der Situation treten sie für die Demokratie ein und halten unsere Grundwerte hoch.
Auf der anderen Seite jedoch werden die gesellschaftlichen Gräben besorgniserregend tief. Undifferenziert laufen Menschen auf der Suche nach einfachen Antworten auf komplizierte Fragen Fake-News und Verschwörungstheorien hinterher, sie gefährden die Stabilität des Gesundheitssystems, radikalisieren sich zunehmend und scheuen auch Gewalt nicht. Glücklicherweise ist die erste Gruppe in der großen Mehrzahl. Solch schwierige Zeiten sind die beste Gelegenheit, innere Stärke zu entwickeln.
"Traurige Ereignisse für Dietzenbach"
Die Auswirkungen von Corona haben die städtischen Finanzen um Jahre zurückgeworfen. 2020 hätten wir einen fast ausgeglichenen Haushalt gehabt und waren auch für die Folgejahre solide aufgestellt. Die Stadtverwaltung und Stadtverordnetenversammlung hatten hart und schmerzhaft daraufhin gearbeitet und jeden Euro im städtischen Haushalt mehrfach umgedreht. Von stabilen Finanzen sind wir nun weit entfernt, was unseren Handlungsspielraum weiter einengt.
Doch auch abseits der Pandemie hat es Dietzenbach in diesem Jahr stark getroffen. Der Dietzenbacher Sedat Gürbüz und neun weitere Opfer verloren bei einem feigen, terroristischen Attentat in Hanau am 19. Februar ihr Leben. Ende Mai machte ein hinterhältiger Angriff auf Polizist*innen und unsere Kamerad*innen der Feuerwehr überregional Schlagzeilen und brachte unsere schöne Stadt über Nacht in Misskredit. Das Waldsterben geht voran, dringend benötigte Projekte zum Zusammenhalt stehen still und das einzig Gewisse derzeit ist die Ungewissheit. Doch nicht ganz: Denn egal was passiert, die Geschichte zeigt uns, dass Weihnachten gefeiert wird, dass Menschen füreinander da sind. Die Geschichte zeigt auch, dass ein neues Jahr Fortschritt bringen wird, so auch in der Forschung und im Umgang mit der Pandemie. Und die Geschichte zeigt, dass die Menschen häufig gestärkt aus Krisen hervorgehen.
"Bleiben Sie gesund"
Liebe Dietzenbacherinnen und Dietzenbacher,
als Bürgermeister und auch im Namen des Magistrats der Kreisstadt wünsche ich Ihnen und Ihren Familien eine möglichst besinnliche, friedvolle und vor allem gesunde Weihnachtszeit.
Für das neue Jahr wünsche ich Ihnen Zuversicht, die Fähigkeit, die schönen Dinge achtsam wahrzunehmen, begleitet von Solidarität, Menschlichkeit und nicht zuletzt eine Prise Humor.
Ihr Bürgermeister Jürgen Rogg