Inhalt

Kostjukovitschi

Verschwistert mit Dietzenbach seit dem 26. April 2009

Die Freundschaft zwischen Dietzenbach und der weißrussischen Stadt Kostjukovitschi geht bis ins Jahr 1990 zurück, als ein Zusammenschluss der hiesigen Schulelternbeiräte mit Lufthansa-Mitarbeitern und dem Surfclub Raunheim zum ersten Mal Spenden für Kinder in der Region sammelte.

Stadt und Kreis Kostjukovitschi liegen in dem Bereich von Weißrussland, der durch die Reaktorexplosion von Tschernobyl 1986 besonders stark betroffen war. Aufgrund der mangelhaften medizinischen Versorgung in der ärmlichen Region enthielt diese erste Hilfslieferung neben Kleidung, Spielsachen und Nahrung auch ein Ultraschall- und ein EKG-Gerät sowie weitere medizinische Instrumente.

Im Juni und Juli 1991 fand dann auf Initiative engagierter Dietzenbacher Bürger in Zusammenarbeit mit der russischen Organisation „Den Kindern von Tschernobyl“ der erste Besuch einer Schülergruppe aus Kostjukovitschi statt. Die 50 Kinder im Alter von 10 bis 15 Jahren und ihre acht Betreuer verbrachten erst drei Wochen in einer Familienbildungsstätte im Taunus und anschließend eine weitere Woche bei Dietzenbacher Gastfamilien.

Nachdem auch diese Aktion auf beiden Seiten großen Anklang fand, entschied man sich, das Konzept beizubehalten und jährlich zu wiederholen, sodass seitdem jedes Jahr eine Reisegruppe aus Kostjukovitschi zuerst in einer Herberge in der Region und anschließend in Gastfamilien zu Besuch ist. Auf diese Weise wurde mittlerweile fast 1000 Kindern und Jugendlichen eine für sie kostenlose Erholungsreise ermöglicht. Für die Kinder, die in ihrer Heimatstadt wegen der radioaktiven Verstrahlung kaum ihre Wohnungen verlassen dürfen, sei das physisch wie auch psychisch eine gute Medizin, sagt Dr. Dörte Siedentopf, die von Anfang an maßgeblich an den Hilfsaktionen beteiligt war und später auch den Freundeskreis Kostjukovitschi mitgründete, der seit 1997 ein eingetragener Verein ist.

Tatsächlich wurden seither sowohl die Hilfslieferungen als auch die Besuche konsequent weitergeführt. Viele Bürgerinnen und Bürger, aber auch diverse Betriebe und andere Organisationen beteiligten sich in den Folgejahren an der Unterstützung für Kostjukovitschi. Benefizveranstaltungen, Flohmärkte und Ausstellungen wurden organisiert, gegenseitige Besuche fanden statt, an denen zum Teil auch die jeweiligen Bürgermeister der beiden Städte beteiligt waren.
Von Seiten des weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko wurde die Arbeit des Freundeskreises und seiner Unterstützer  immer wieder behindert.
 
Der Widerstand Lukaschenkos gegen die laufenden Besuchsprogramme gipfelte 2008 in seiner Forderung nach einem Staatsvertrag, der die Rückkehr der Jugendlichen nach Weißrussland garantieren sollte, nachdem bei ähnlichen Aktionen in den USA und in Italien zwei Kinder nicht zurückgekehrt waren. Ein solcher Vertrag war aber nicht zu realisieren, da die entsprechenden Programme in Deutschland seit jeher von unabhängigen Organisationen und nicht von der Bundesregierung durchgeführt wurden. Um das daraus entstehende Ausreiseverbot von weißrussischer Seite zu umgehen, schlugen die Verantwortlichen in Kostjukovitschi vor, eine offizielle Städtepartnerschaft zu beschließen, unter der die Verordnung für die Kinder aus der Stadt unwirksam wäre.

Am 26. April 2009, dem 23. Jahrestag der Katastrophe von Tschernobyl, besiegelten die Bürgermeister der beiden Städte feierlich die offizielle Verschwisterung und ermöglichten somit die Fortführung der Besuchs- und Hilfsprogramme, die nun unter dem schützenden Siegel der Verschwisterungsmaßnahme weiter laufen können.