Stadtgeschichte
Dietzenbach - vom Bauerndorf zur Kreisstadt
Erstmals erwähnt um das Jahr 1220 n. Chr., war Dietzenbach bereits in der frühen Neuzeit eine recht stattliche Gemeinde und eines der größten Dörfer der Region, jedoch ohne besondere Funktion und Bedeutung für das Umland.
So sind in der ältesten erhaltenen Bürgermeisterrechnung von 1560/61 zum Beispiel 117 abgabenpflichtige Personen aufgeführt – ein wohl lückenloses Verzeichnis der damaligen Dietzenbacher Familien, die eine Gesamteinwohnerschaft von etwa 350 bis 400 Menschen repräsentierten.
Wenige Jahrzehnte später wüteten die Geißeln des Dreißigjährigen Krieges furchtbar unter der Dietzenbacher Einwohnerschaft. Zwei Pestepidemien und die Hungersnot rafften einen Großteil der Bevölkerung dahin, die restlichen Überlebenden wurden im Jahre 1634 von den Schweden vertrieben, so dass das Dorf mehrere Jahre unbewohnt war. Die Einwohnerschaft war durch den Krieg auf ein Sechstel reduziert worden, und erst um 1720 hatte die Gemeinde ihre Bevölkerungsverluste wieder ausgeglichen, vor allem durch Zuwanderung.
In der seit der Einführung der Reformation im Jahre 1545 fast rein evangelischen Gemeinde lebten von der Mitte des 18. Jahrhunderts an durchgängig auch jüdische Einwohner, bis die jüdische Gemeinde Dietzenbach dann in der NS-Zeit ausgelöscht wurde. Während des gesamten 19. Jahrhunderts war die Zahl der Einwohner jüdischen Glaubens in Dietzenbach stets höher als die der Katholiken. Im Jahre 1906 erreichte die jüdische Gemeinde mit 28 Personen ihren Höchststand, bei einer Gesamtbevölkerung von 2.207 Einwohnern.
Die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts einsetzende Auswanderungsbewegung nach Nordamerika erfasste auch Dietzenbach, und im Gefolge der Not- und Hungerjahre erlebte Dietzenbach 1846/47 eine regelrechte Massenauswanderung – ein großer Teil der Ortsarmen wurde auf Kosten der Gemeinde nach Amerika verschifft, 79 Personen allein im Jahre 1846. Insgesamt verließen im 19. Jahrhundert an die 500 Menschen ihre alte Heimat Dietzenbach, um in der „neuen Welt“ ihr Glück zu machen.
In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts wuchs die Dietzenbacher Einwohnerschaft langsam, aber stetig und erreichte am Vorabend des Zweiten Weltkriegs einen Stand von knapp 3.700.
Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches erfuhr Dietzenbach einen ersten großen Bevölkerungszuwachs, als die Gemeinde in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg mehr als 700 Flüchtlinge und Vertriebene aufnehmen musste und die Einwohnerschaft binnen weniger Jahre von rund 3.700 auf über 4.700 wuchs, also um mehr als ein Viertel – ungeachtet der Tatsache, dass insgesamt 249 Dietzenbacher durch den Zweiten Weltkrieg ihr Leben verloren hatten. Eine weitere Folge der Zuwanderung war die starke konfessionelle Durchmischung der Einwohnerschaft, da die Neuankömmlinge überwiegend katholisch waren. Die durch die Aufnahme der Flüchtlinge und Vertriebenen verursachte drückende Wohnungsnot löste eine rege Bautätigkeit in der Gemeinde aus – und war gewissermaßen die Initialzündung für die weitere rasante Entwicklung Dietzenbachs in den Folgejahren.
Bereits 1966 wurde die 10.000-Einwohner-Marke überschritten. Aber die damaligen Stadtväter hatten noch ehrgeizigere Pläne: Dietzenbach sollte Siedlungsschwerpunkt und Mittelzentrum für das Umland werden. Im Endstadium der Entwicklung zur Jahrtausendwende sollten bis zu 60.000 Menschen in Dietzenbach leben - ein Planungsziel, das sich nur mit massiver Hochhausbebauung erreichen ließ.
Es folgten Jahre explosionsartigen Wachstums: Die Hochhäuser schossen wie Pilze aus dem Boden, im Jahr der Stadtwerdung 1970 hatte Dietzenbach noch 13.000 Einwohner, vier Jahre später waren es bereits 21.000, ein Bevölkerungszuwachs von 2.000 Personen pro Jahr. Im Jahre 1971 wurde die junge Stadt Dietzenbach als „Siedlungsschwerpunkt ausgewiesen und im Januar 1973 durch Rechtsverordnung der Hessischen Landesregierung als erste Stadt in Hessen zum „Entwicklungsbereich“ nach dem Städtebauförderungsgesetz erklärt. Dieses überhitzte Wachstum zog Probleme nach sich, mit denen die Stadt noch heute zu kämpfen hat.
Bereits Mitte der 70er Jahre setzte ein Umdenken bei den politisch Verantwortlichen ein: Es wurden keine weiteren Hochhäuser mehr errichtet, und es sollte künftig maßvoller und qualitativ höherwertiger gebaut werden. Für den Bereich der Stadtmitte wurde eine völlig neue Planung erstellt, der „Städtebauliche Rahmenplan 79 für das neue Stadtzentrum“, der bis heute Planungsgrundlage für dieses Gebiet ist.
Seither ist Dietzenbach sehr viel langsamer gewachsen. Zum Stichtag 1. Januar 2015 leben in Dietzenbach 35.144 Menschen – darunter etwa ein Viertel ausländischer Nationalität aus mehr als 110 verschiedenen Herkunftsländern, wobei die Türken und Marokkaner die größten Migrantengruppen stellen. Tatsächlich ist der Anteil der Einwohner ausländischer Herkunft allerdings noch wesentlich höher, da viele von ihnen mittlerweile die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen haben. Konfessionell stellt sich die Situation so dar, dass 5.523 Personen römisch-katholischer und 6.269 Personen evangelischer Religionszugehörigkeit 23.352 Menschen „sonstiger“ oder gar keiner Religionszugehörigkeit gegenüber stehen.
Seit einigen Jahren stagniert die Bevölkerungsentwicklung in Dietzenbach, und selbst wenn in den kommenden Jahren auch die noch relativ großen Wohnbauflächen in der Stadtmitte bebaut werden, dürfte sich aufgrund der allgemeinen demografischen Entwicklung die Gesamteinwohnerzahl nicht mehr wesentlich erhöhen.
Seit Juni 2002 ist Dietzenbach Verwaltungssitz des Landkreises Offenbach und darf seit März 2003 offiziell die Bezeichnung „Kreisstadt“ tragen. Im Jahr 2020 beging Dietzenbach, eingeschränkt durch die Corona-Pandemie, das 800-jährige Jubiläum.
Das Dietzenbacher Stadtwappen
Ab dem 18. Jahrhundert führte die Gemeinde den Heiligen St. Martin in ihrem Amtssiegel. Ab 1945 wurde dieses Siegelbild für einige Jahre auch im Gemeindewappen verwendet. Dies wurde jedoch vom Hessischen Innenministerium aus heraldischen Gründen untersagt.
Erst im Jahr 1957 konnte sich die Dietzenbacher Gemeindevertretung schließlich auf einen neuen Entwurf einigen.
Die amtliche Beschreibung des Dietzenbacher Stadtwappens lautet: „Im roten Schild ein silberner Schrägrechtsbalken mit aufgelegtem blauen Wellenband, links oben und rechts unten je eine goldene Traube mit jeweils zwei grünen Blättern an grünen Stengeln.“ Hierbei ist zu beachten, dass die Beschreibung eines Wappens stets aus Sicht des Wappen- oder Schildträgers erfolgt.
Die Weinrebe wurde als charakteristisches Merkmal gewählt, da bereits früher Wein auf dem Wingertsberg angebaut wurde. Gleichzeitig sollte der historische Ursprung des Namens „Dietzenbach“ (althochdeutsch für „murmelnder Bach“) symbolisiert werden.
Im Jahr 1986 wurde das Wappen in eine zeitgemäßere Form gebracht, die bis heute gilt und hier zu sehen ist.